„Erfahrung fürs Leben“

Hermannsburgerin arbeitet vier Wochen in sozialem Projekt in Brasilien

„Das war eine Erfahrung fürs Leben“, sagt Marina Gruel-Dovner über die vier Wochen, die sie in einem von Armut, Drogen und Kriminalität geprägten Viertel in der brasilianischen Stadt Ariquemes verbracht hat. Ihr Arbeitgeber, das Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen, unterstützt dort seit mehreren  Jahren ein Projekt für Kinder aus benachteiligten Familien. Gleichzeitig bietet das ELM allen Mitarbeiter*innen – vom Hausmeister bis zur Buchhalterin - die Möglichkeit, sich bis zu einen Monat lang von ihrer täglichen Arbeit im Missionswerk in Hermannburg freistellen zu lassen, um sich selbst ein Bild zu machen von den Projekten, die das Werk in 18 Ländern weltweit unterstützt. Diese Chance hat Marina Gruel-Dovner genutzt.

„Nicht wundern, nicht urteilen, einfach offen sein“ – mit diesem Vorsatz startete die Teamassistentin des Ev.-luth. Missionswerks ihr Abenteuer. Zugute kam ihr, dass sie neben sieben weiteren Sprachen auch portugiesisch spricht. Von Frankfurt flog sie nach São Paulo, dann ging es per Inlandsflug weiter in den Nordwesten Brasiliens. Dass sich der Abflug verzögerte weil an Bord erst noch ein bewaffneter Mann festgenommen werden musste, bescherte ihr zwar Herzklopfen, konnte ihre Vorsätze, allem optimistisch und offen entgegen zu sehen, aber nicht umstoßen.

Über 100 Kinder sind in der „Escola Para Vida“ in einem von niedrigen, einfachen Gebäuden und hohen Mauern geprägten Stadtviertel der gut 100.000 Einwohner zählenden Stadt Ariquemes angemeldet. Die Einrichtung fängt sie auf, damit sie nicht allein zu Hause oder auf der Straße sein müssen. Vor- oder nachmittags (je nachdem, wie ihre Schicht in der öffentlichen Schule ist)  kommen die Kinder für einen halben Tag  in die „Lebensschule“, um hier, angeleitet durch Pädagog*innen zu spielen, zu singen, zu reden und Sport zu treiben. Als begeisterte Kampfsportlerin und ausgebildete Trainerin konnte Marina Gruel-Dovner beim Jiu-Jitsu-Training unterstützen und auch selbst Trainings-Einheiten gestalten. Selbstverteidigung als Sportart hat hier einen realen Bezug zur Lebenswirklichkeit.

„Man geht in diesem Viertel kaum zu Fuß, das wäre viel zu gefährlich“, berichtet die 47-Jährige. Nicht mal den Second-Hand-Laden auf der anderen Straßenseite durfte sie unbegleitet besuchen. Ein spontaner Spaziergang im nahe gelegenen Park – undenkbar. Die Grünanlage dient in der Nacht als Drogenumschlagplatz, tagsüber ist er verwaist. Dennoch gibt es in dieser Umgebung neben den Mitarbeitenden der „Escola Para Vida“ noch etliche weitere Menschen, die sich um das Wohl von Kindern kümmern.  So hat Marina Gruel-Dovner an einem Autokorso teilgenommen, der aus Anlass des Jahrestags eines Missbrauchverbrechens und Mordes an einem achtjährigen Mädchen stattfand.. Verschiedene Organisationen und soziale Einrichtungen machten mit dieser Demonstration gemeinsam auf sexuelle Gewalt gegen Kinder aufmerksam.

Die Kinder und Jugendlichen in der „Escola Para Vida“ beschreibt die Hermannsburgerin insgesamt als „gut erzogen“. „Man sagt etwas, und die machen das“, staunt sie immer noch in Erinnerung an das Zusammensein. Das sei umso höher zu bewerten, als die Kinder in schwierigen Verhältnissen leben. Insgesamt hat ihr das Leben mit den Kindern und Jugendlichen in der „Lebensschule“, aber auch nach „Dienstschluss“ in den Familien der Mitarbeitenden, wo Marina Gruel-Dovner untergebracht war, gut gefallen. Optimistisch stimmt sie auch, dass sie zwei junge Männer kennen gelernt hat, die als Kinder die Lebensschule besucht haben, und nun selbst in ähnlichen sozialen Projekten arbeiten. „Lucas und David sind Beispiele, dass Kinder auf einen guten Weg gebracht werden können“, so ihr Fazit.

Wer die Escola Para Vida in Ariquemes durch eine Spende unterstützten möchte, kann dies über das Spendenkonto des ELM IBAN DE90 2695 1311 0000 9191 91 mit dem Verwendungszweck „Lebensschule Ariquemes“ tun. Oder gleich hier per Onlinespende.