Frieden ist eine Reise - man kommt nicht an einem bestimmten Punkt an

Bischöfin Sikhwari (ELCSA) im Interview

Red.: Bischöfin Naledzani Josephine Sikhwari, Sie kommen gerade aus Krakau. Wie haben Sie die Tagung des Lutherischen Weltbundes dort erlebt?

Sikhwari: Ich bin die erste weibliche Bischöfin in Afrika. Deshalb stand ich oft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und das war anstrengend und aufregend, auch weil ich in der Vorversammlung der Frauen eine Rede gehalten habe. Ich fühlte mich als würde ich ins tiefe Wasser geworfen, mit positivem Ergebnis.

Die intensive Gemeinschaft mit anderen Lutheranern zu erleben, hat mir gut getan. Die Vorversammlung war geprägt von echter Schwesternschaft. Ich habe viel über die Situation von Frauen in aller Welt erfahren. Vieles wovon ich dachte, dass es das nur in Südafrika gibt, passiert überall. Es gibt jetzt die erste Bischöfin aus Kambodscha. Und gleichzeitig zeigt das, wieviel  Ungerechtigkeit es immer noch gibt: Frauen in Führungspositionen zu bringen dauert lange - 20 Jahre - manchmal 60. 

Einheit als das bestimmende Thema in Krakau

In Krakau sind wir in Vielfalt zusammengekommen. Wir hatten uns das Motto "look - see - act" (hinsehen - schauen - handeln) gegeben. Gerechtigkeit ist das Zentrum. Jesus Christus ist die Krone. Wir leben in einem Geist zusammen in Vielfalt. Das wurde immer wieder betont. Und wir müssen Mauern einreißen. Einheit war das bestimmende Thema in Krakau: wir alle sind menschliche Wesen - von Gott geschaffen. Wir sollten das Trennende weglassen.

In unseren südafrikanischen Kirchen haben wir das nicht geschafft. Die Kap-Kirche, die ELCSA und die NELCSA wollten zusammen ein theologisches Ausbldungszentrum in Peter-Moritzburg aufbauen. Das hat nicht geklappt. Jetzt versuchen wir es erneut. Wichtig ist es zu erkennen, dass Einheit nicht Uniformität bedeutet. Wir müssen erlauben, dass Meschen sie selbst sein können, wir müssen akzeptieren, dass wir sind, wie wir sind. Aber wir müssen Möglichkeiten der Teilhabe schaffen. Inklusion muss gelebt werden. Übrigends war auch Krakau nicht inklusiv. Das wurde im Abschluss-Statement auch deutlich angemerkt. 

Aber es gibt Hoffnung in aller Bedrängnis, ich halte mich da an Hebräer 11,1: "Der Glaube ist der tragende Grund für das, was man hofft: Im Vertrauen zeigt sich jetzt schon, was man noch nicht sieht."

Ich habe eine Pflicht allen Frauen gegenüber

Red.: Sie sind die erste Bischöfin der ELCSA und die erste Bischöfin in ganz Afrika. Wie kam es dazu?

Sikhwari: Ich bin 2006, also vor fast 20 Jahren, zur ersten Superintendentin gewäht worden. Und es fing schwierig an. Während der ersten Wahlperiode waren die Männer recht freundlich zu mir. Es waren die Frauen, die mich und meine Träume nicht akzeptierten. Bei der zweiten Wahlperiode wollte ich zunächst nicht kandidieren, weil ich daran dachte, der Jugend den Vortritt zu lassen. Aber ich hatte noch so viel vor und ich wollte auch nicht aufgeben, also kandidierte ich und wurde auch gewählt. Ich betreute dort als Superintendentin ein riesiges Gebiet Masialama, das eher ländlich geprägt ist und Sechego ein riesiges Township.

Während der dritten Wahlperiode wurde ich dann zur Bischöfin gewählt. Das war ein großer Schritt. Und es war vollkommen unerwartet. Der Bischof davor war gestorben und ich war die einzige Frau, die kandidierte. Und ich dachte kurz daran, aufzugeben. Aber dann sagte ich mir: "Ich bin die einzige Frau, die zur Wahl steht und ich werde mich nicht zurückziehen. Ich habe eine Pflicht allen Frauen gegenüber." Alles andere wäre ein Zugeständnis an diejenigen gewesen, die  meinen, Frauen seien nicht in der Lage, solch ein Amt auszufüllen.

Unmittelbar nach meiner Bischofseinführung begann der Lock-Down wegen Covid. Jetzt hatte ich alle Unterstützung, die ich mir denken konnte: Mitarbeiter*innen, Superintendenten, alle waren stolz. Die Bischöfe boten ihre Unterstützung an, die Generalsynode, der Kirchenpräsident - nur die Kirchgänger waren wegen der Corona-Situation nicht in den Kirchen.

Gott sei Dank hat sich das wieder geändert. 

Red.: Was tun Sie, um die Situation von Frauen zu verbessern? 

Sikhwari: Die ELCSA macht gerade eine Hagar-Kampagne, in der auf Gewalt gegen Frauen (gender-based-violence) aufmerksam gemacht wird, mit dem Ziel, diese Form der Gewalt zu ächten.

Bei der Aufgabe, mehr Frauen in Leitungspositionen zu bekommen, gibt es noch viel zu tun. Bei den Frauen muss ein Bewusstseinswandel stattfinden. Denn es sind die Frauen, die Männer wählen. Frauen müssen verstehen, dass sie nicht anders sind als Männer. Dass Männer nicht über andere Fähigkeiten verfügen als Frauen. Gott benutzt Frauen, um die Botschaft zu verbreiten. Deborah, Esther, das sind Frauen, die sich zur Verfügung stellen, wenn der Ruf kommt. Ich rufe alle Frauen auf, es ihnen gleich zu tun und andere Frauen nicht zu untergraben.   

 

 

 

  

 

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