Foto: Allgemeine Zeitung Uelzen / Lars Becker
LWB-Delegierte reisen von Krakau in die Friedensorte der Landeskirche Hannovers. Von links: Bischof Ralf Meister, Bischöfin Naledzani Josephine Sikhwari, Karin Köhler, Felix Paul, Kirchenpräsidentin Silvia Beatrice Genz, Claudia Ostarek.

Orte, wo man Frieden mit nach Hause nehmen kann

"Mit großer Freude habe ich wahrgenommen, dass so viele Vertreter*innen aus den Partnerkirchen der Einladung der Landeskirche Hannovers gefolgt sind, im Anschluss an die Tagung des Lutherischen Weltbundes in Krakau die acht Friedensorte der Landeskirche Hannovers zu besuchen."

Dieser Besuch sei wichtig, so Bischof Meister, weil die Zunahme von Gewalt weltweit spürbar ist. Da sei der Krieg in der Ukraine, der neben dem direkten Leid der Bevölkerung auch weltweite Auswirkungen auf die Getreidepreise habe und so  indirekt Konfliktsituationen vor allem im globalen Süden herbeiführe. Daneben gebe es große direkte Konfliktsituationen in den jeweiligen Ländern. In Äthiopien müsse man beispielsweise von einem Bürgerkrieg sprechen. "In Deutschland stehen wir von innergesellschaftlichen Konflikten – Deutschland ist ein erschöpftes und gespaltenes Land." Deshalb sei es umso wichtiger, gemeinsam Schritte des Friedens zu gehen, wozu die acht Friedensorte der Landeskirche Hannovers motivieren möchten. Die erste und letzte Station für alle Delegierten war der Friedensort an der Woltersburger Mühle bei Uelzen, der gemeinsamer Start- und Endpunkt für die Exkursionen der Delegierten zu den sieben weiteren Friedensorten ist. 

Friedensorte als Lernorte

Felix Paul, Referent für Friedensarbeit im Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche Hannovers, weiß, dass auch die Friedensorte nicht dazu führen, dass die ganze Welt im Frieden lebt, darum gehe es aber auch nicht. "Friedensorte, sind Orte, die Effekte haben auf jede einzelne Besucherin und jeden einzelnen Besucher, jedes Seminar, das im Rahmen der Friedensorte stattfindet, jede Begegnung. Es sind Lernorte, wo Menschen Strategien an die Hand bekommen ihr Leben und ihr Umfeld friedlicher zu gestalten und nicht zuletzt sind es Orte geballter Kompetenz wenn es um friedensbildende Maßnahmen geht." Der Besuch der Delegierten sei eine Chance, Kompetenzen zu nutzen und voneinander zu lernen: die Friedensorte von den Partnerkirchen und umgekehrt.

Die Kompetenz der Gestalter*innen der Friedensorte wurde auch von Karin Köhler hervorgehoben, die als Synodalin der Landeskirche Hannovers zuständig für die finanzielle Förderung der Friedensorte ist. Die Friedensorte seien ein gutes Beispiel dafür, wie erfolgversprechend multiprofessionelle Teams seien. "In den Friedenorten sind es eben nicht nur Theolog*innen, sondern auch Historiker*innen, Sozialpädagog*innen und  Bildungsreferent*innen, die sich in einem vielfältigen Themen-Spektrum gegen Entsolidarisierung wenden. So wird die Kirche wieder als Impulsgeberin wahrgenommen." Frau Köhler dankte dem ELM ausdrücklich für die organisatorische Unterstützung, bei Flügen und Visa für die internationalen Gäste, die allesamt aus Partnerkirchen des ELM kommen.

Insgesamt besuchen 14 Delegierte aus Krakau die Friedensorte. Zwei davon waren bei der Pressekonferenz, die von der Pressestelle der Landeskirche Hannovers organisiert wurde: Bischöfin Naledzani Josephine Sikhwari aus der Evangelisch-lutherischen Kirche im Südlichen Afrika (ELCSA) und die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) Silvia Genz.

Die Notwendigkeit von Frieden: Beispiel Südafrika 

Bischöfin Sikhwari beschrieb in ihrem Statement die Situation in Südafrika, wo es in der letzten Zeit vermehrt zu fremdenfeindlichen Übergriffen gekommen ist. Vor allem an der Grenze zu Simbabwe. Dort immigrieren viele Menschen häufig illegal nach Südafrika. Derzeit gibt es eine Art Rückführungsabkommen, wo Menschen nach Simbabwe zurück müssen. Sikhwari geht es darum. hier eine Art von Gemeinschaft zu befördern, wo Geflüchtete Akzeptanz finden und nicht aus xenophoben Motiven verfolgt werden. Denn letztlich handele es sich bei den geflüchteten Menschen um "displaced people", also Personen, die sich kriegsbedingt außerhalb ihres Heimatstaates aufhalten und ohne Hilfe nicht zurückkehren oder sich in einem anderen Land neu ansiedeln können.

Desweiteren beschrieb sie eine politische Instabilität, die befeuert wird durch fehlenden Elektrizität und Wasserknappheit. Reiche im Land setzen längst auf Eigenversorgung. Seit Wochen stehen die öffentlichen Versorgungssysteme in Südafrika am Rande des Zusammenbruchs, in vielen ländlichen Gebieten ist das längst passiert.

Und Sikhwari nennt ein weiteres eindrückliches Beispiel für Situationen, die unbedingt einer Befriedung bedürften: die "gender based violence", also Gewalt, die hauptsächlich gegen Frauen ausgeübt wird, nur weil sie Frauen sind: "Frauen werden geschlagen und getötet, Kinder wachsen in Familien auf, in denen es keinen Frieden gibt. Das ist ungerecht. Beten Sie für Südafrika!"  

Die Notwendigkeit von Frieden: Beispiel Brasilien 

Kirchenpräsidentin Genz aus Brasilien wünscht sich Friedensorte für São Paulo: "Die Favelas werden von Bandenkriminalität beherrscht, es gibt Kartelle. Kinder sterben, Frauen, Männer, einfache Menschen sterben auf dem Weg zu Arbeit. Da kommen wir als Kirche oft gar nicht hin. Wie gut wäre es, wenn es dort Orte des Friedens gäbe."

Genz berichtet, dass Brasilien tief gespalten sei und mit dem Land auch die Kirche. Aber es gebe auch Versuche, der Intoleranz und dem Hass mit Toleranz und Liebe zu begegnen. Die IECLB habe nach dem zweiten Weltkrieg eine Tendenz dazu gehabt eine ausschließlich deutsche Kirche zu sein, die sich als "germanisch" definierte aber nach 1949 war klar, dass dieselbe Kirche sich als eine Kirche in Christus sah, die Menschen aus allen Teilen der Welt zu ihren Mitgliedern zählen will. Die Vielfalt werde als Bereicherung gesehen und Indigene als Menschen, von denen die brasilianische Kirche viel lernen könne und deren Kultur es zu schützen gelte.

Wie für Sikhwari sind für Genz Femizide (die gezielte Tötung von Frauen) und Gewalt gegen Frauen ein Skandal, gegen den die Kirchen sich entschieden wenden müssen; und auch sie betont die Wichtigkeit, Orte des Friedens zu finden, "Orte, wo man Frieden mit nach Hause nehmen kann."

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