"Räume schaffen für Dialog"

Abend der weltweiten Kirche mit Beiträgen aus Indien, Myanmar und vom F2GO-Camp in Südafrika

„Oft hören wir in den Medien davon, dass Kirche bzw. Religionen Anlass zu Konflikten geben. Heute werden wir etwas darüber hören, dass Kirche auch Friedensstifterin sein kann.“ Mit diesen Worten begrüßte Kurt Herrera, ELM-Referent für Kirchenentwicklung international, die Gäste beim Abend der weltweiten Kirche.

Mit Samuel Logan Ratnaraj, Abi Zah und Ingrid Lüdemann als Referent*innen standen bei der Veranstaltung am 25. Mai im Ludwig-Harms-Haus Beispiele aus Indien, Myanmar und Südafrika im Mittelpunkt. Pastor Logan Ratnaraj aus dem südindischen Chennai erläuterte zunächst das Kastensystem der indischen Gesellschaft. Es reicht von den Brahmins, die im Hinduismus Gott in der Gesellschaft repräsentieren, bis zu den Dalits, den so genannten Unberührbaren. Dazwischen gibt es die Kasten der Kshatriya, der Könige und Minister angehören, der Vaishya (unter anderem Geschäftsleute) und der Sudra, zu der Bauern und Handwerker gehören.

Da die Dalits keinerlei Ansehen genießen, fühlen sie sich von der christlichen Botschaft, der Würde jedes Menschen, besonders angezogen. „99 Prozent unserer Mitglieder sind Dalits“, berichtete Ratnaraj. Die Kirche habe sich der Aufgabe verschrieben, die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. „Dialog ist die einzige Möglichkeit, das Thema anzugehen“, ist der Pastor der Ev.-luth. Kirche in Indien (UELCI) überzeugt. Menschen sollten zusammen kommen, „damit sie merken, dass wir alle als Ebenbilder Gottes geschaffen sind und dass wir eins sind in Christus“. Das geschieht unter anderem in Wohnheimen, die vom ELM unterhalten werden und in denen Menschen aus allen Kasten zusammen wohnen können.

Aus Myanmar berichtete Abi Zah. Er ist stellvertretender Direktor der kirchennahen Nichtregierungsorganisation „Together for Sustainable Development“ und ist derzeit gemeinsam mit Jugendpastor San Lwin von der Mara Evangelical Church in Hermannsburg zu Gast. In dem östlichen Nachbarland Indiens finden seit dem Putsch im Februar 2021 bewaffnete Konflikte zwischen dem Militär und Vertretern der verschiedenen Volksgruppen statt. Jede der Ethnien – es sind 53 an der Zahl – bewacht ihr Gebiet, so dass freies Reisen unmöglich ist. Die Kirche organisiere nicht nur Friedensgebete, sondern auch Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien, berichtete Abi Zah. Aufgrund solcher Gespräche sei es bereits zur Befreiung von Gefangenen gekommen. Frauen aus der Kirche hätten zudem erreicht, dass für die Kinder – zumindest zeitweise – ein Schulbesuch und das Ablegen von Prüfungen möglich wurde.

Als ELM-Referentin für den Friedensort2GO in Hermannsburg berichtete Ingrid Lüdemann von einer internationalen Veranstaltung, die unter dem Dach des F2GO im April in Südafrika stattgefunden hat und vom ELM organisiert wurde. Sie und ihre Kollegin Hannah Rose, Referentin für Armut und Friedensarbeit international, hatten dort mit Teilnehmenden aus weltweiten Partnerkirchen zum Thema „Armut verlernen – Frieden durch Gerechtigkeit und Bildung“ gearbeitet, was in einem Kurzfilm lebendig vermittelt wurde. Die Ideen, die in dem F2GO-Camp entwickelt wurden, sollen nun in den jeweiligen Partnerkirchen umgesetzt werden.

Zwischendurch und am Ende hatten die Besucher*innen Gelegenheit, durch Fragen oder Statements einzelne Themen zu vertiefen. So stieß das Engagement der christlichen Frauen in Myanmar auf besonderes Interesse. „Kirche kann Räume schaffen für Dialog“, lautete – auch vor diesem Hintergrund – das abschließende Fazit von Kurt Herrera.