Montag, 20. Juni 2022: Erster Tag der PKK.

Die Nerven liegen blank. Wird alles klappen?

Die ersten Hiobs-Botschaften sind schon da: einer der internationalen Teilnehmer muss in Corona-Quarantäne und ein Referent für den Nachmittag fällt ebenfalls wegen einer Corona-Erkrankung aus.

Bereits im Vorfeld der PKK war klar, die angekündigten Teilnehmer aus der Zentralafrikanischen Republik würden nicht rechtzeitig ihre Visa erhalten, genauso wie zwei Bischöfe aus Südafrika, der Bischof aus Botswana und drei Bischöfe aus Indien. Und auch der Teilnehmer der Jugenddelegation aus Südafrika hat kein Visum bekommen. Das ist der Flut der Visa-Anträge nach den Lockdown-Zeiten geschuldet und der nicht aufgestockten Personalsituation in den entsprechenden Behörden.

Umso mehr freuen wir uns über die Teilnehmenden, die ein Visum bekommen haben und angereist sind: immerhin noch Vertreter*innen aus 10 Ländern. So sind hochrangige Partnerkirchenvertreter*innen aus Brasilien, Äthiopien, Malawi, Südafrika, Indien, Peru, Russland, dem Elsass und Deutschland vertreten und ein Gast vom Lutherischen Weltbund, der viele Staaten vertritt und selbst aus Nigeria kommt. Wir sind also trotz Corona und Visaproblemen immer noch sehr international aufgestellt auf der PKK.

Offiziell startet die PKK am Montag Nachmittag mit einem gemeinsamen Meet&Greet. Inoffiziell startet sie für die Teilnehmer*innen, die bereits da sind und den Jetlag gut verkraftet haben, mit einem Spaziergang auf dem Friedensort2GO-Weg. Dieser Weg zeigt an sechs Stationen auf, wie Menschen, die sich auf den Weg machen, kleine Schritte zum Frieden gehen können und wie das  in den Projekten der Partnerkirchen, die das ELM begleitet, umgesetzt wird. „Das ist wie mit dem Coffee to go (2go), den man im Vorbeigehen zu sich nehmen kann“, so Hannah Rose,  Referentin Armut und Friedensarbeit International im ELM „niemand von uns wird den Krieg in der Ukraine stoppen können, aber wir können unseren Hoffnungen und Ängsten Ausdruck geben, unsere Solidarität zeigen.“

Bischof Joseph Bvumbwe zu Krieg und Dialog

Im Rahmen der Partnerkirchen Konsultation haben wir mit Rev Dr. Joseph Bvumbwe, Bischof der ELCM (Malawi), über Frieden und Gerechtigkeit gesprochen.

Krieg in der Ukraine: „Die Antwort lautet Dialog“

Dr. Joseph Bvumbwe ist Bischof der Ev.-luth. Kirche Malawi. Bei der Partnerkirchenkonsultation des Ev.-luth. Missionswerks in Hermannsburg spricht er über die Verbindung zwischen Krieg und Hunger und die Antwort seiner Kirche darauf. Sie lautet: Dialog.

Auch die Menschen in Malawi sind vom Krieg in der Ukraine indirekt betroffen. Das Land, in dem 90 Prozent der Bevölkerung im Agrarsektor beschäftigt sind, bezieht Düngemittel aus der Ukraine. „Solange in der Ukraine Krieg ist, stagniert der Import“, so Bvumbwe. Verstärkt wird das Problem der Bauern noch durch den Klimawandel. Die Regenzeiten haben sich verändert. Es wird immer schwieriger, den richtigen Zeitpunkt zu planen, an dem das Saatgut in die Erde kommt. Wenn dann nicht nur der Regen  fehlt, sondern auch der Dünger, gibt es keine oder nur eine geringe Ernte und die Menschen hungern. „Und Hunger kann ebenso schlimm sein wie Krieg“, sagt Bischof Bvumbwe.

Hat er eine Idee, welche Lösungen es für Konflikte und Kriege wie den in der Ukraine gibt? „Ich stimme mit der Meinung unseres GründungspräsidentenHastings Kamuzu Banda überein. Wo auch immer es Konflikte zwischen Gruppen oder Nationen gibt, befürwortet er den Dialog. Du kannst nichts verlieren, wenn du den Dialog suchst, aber du kannst möglicherweise Leben retten. Zusammenkommen an einem runden Tisch, die verschiedenen Standpunkte diskutieren, sich gegenseitig zuhören, geduldig und tolerant sein, das ist der einzige Weg.“

„Krieg ist eine Katastrophe und wie ein Theaterstück, das weitergeht, wenn es begonnen hat. Er darf einfach nicht stattfinden“, ist Bvumbwe überzeugt. Wenn alles vorbei ist, werde man viele Waisen, Flüchtlinge und Zerstörung geschaffen haben.  Auch jetzt denke er an die Familien, die auseinandergerissen werden weil die Väter im Krieg sind, kämpfen müssen und möglicherweise getötet werden, aber auch Mütter und Kinder auf der Flucht. „Wir haben in der Vergangenheit gesehen, was Kriege angerichtet haben. Ich glaube, das Beste, was wir tun können, ist aus der Vergangenheit zu lernen und uns dafür einzusetzen, dass wir in Zukunft ohne Kriege leben.“

Impressionen der Partnerkirchenkonsultation 2022

Kirchenleitende aus internationalen Partnerkirchen des ELM pilgern auf dem Friedensort2GO-Weg in Hermannsburg.

Der Traum von einer gerechten Kirche der Zukunft

Gendergerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, Gerechtigkeit und Frieden und gerechte Strukturen bei der Leitung einer Kirche - die Zahl der der Themen auf der diesjährigen Partnerkirchenkonsultation des ELM (PKK) sind so vielfältig wie herausfordernd.

Am Nachmittag fanden sich die Teilnehmenden vor einer besonderen  Versuchsanordnung, um ins Gespräch zum Thema „Der Traum von einer gerechten Kirche der Zukunft“ zu kommen.

Gendergerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, Gerechtigkeit und Frieden und gerechte Strukturen bei der Leitung einer Kirche - die Zahl der der Themen auf der diesjährigen Partnerkirchenkonsultation des ELM (PKK) sind so vielfältig wie herausfordernd. Und alle dieser vier Bereiche lassen sich kaum voneinander trennen. Es geht um die Kirche der Zukunft, an der möglichst alle ihrer Teile gleichberechtigt beteiligt sein sollen. Es geht um die Relevanz von Kirche angesichts von Fragen nach ihrer eigenen Zukunft und gleichsam nach ihrem Beitrag zum Erhalt der Schöpfung und einem friedlichen Zusammenleben der Menschen.

Große Themen mit vielen Aspekten im Detail, die es zu bedenken gibt. Vier Gruppen zusammengesetzt aus Delegierten der Partnerkirchen und des ELM, die sich im Viertelstundentakt mit jedem dieser Themen einmal auseinandersetzen sollen - das ist der Versuchsaufbau für den Begrüßungsabend der PKK im Bauernhaus des Evangelischen Bildungszentrums Hermannsburg (EBH). Er bringt die Teilnehmer*innen ins Gespräch, führt sie thematisch ein in das, worum es in den kommenden vier Tagen gehen soll. 

Zum Teil leidenschaftlich werden die Leitfragen diskutiert: Auf welche Weise, mit welchen Projekten möchte ich die jeweiligen Gerechtigkeitsziele bis 2030 umgesetzt wissen? Welche besonderen Schritte müssen dazu umgesetzt werden? Was muss ich in meiner Leiter*innenrolle tun, um diese Ziele zu erreichen? Es beginnt ein reger Erfahrungsaustausch über den Zustand der eigenen Kirche, die Defizite, aber auch erste Schritte zur Veränderung. Es geht um Rollenklärung zwischen den Geschlechtern, die Ausbalancierung von Frauen und Männern in kirchlichen Gremien und um Diversität der Geschlechter, aber auch die Tatsache, dass dies noch nicht die gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungsprozessen bedeutet. Es geht um konkrete Umsetzungsschritte, innerhalb der eigenen Kirche, auf den Klimawandel zu reagieren - sei es beim Einkauf nachhaltiger bzw. den Verzicht auf klimaschädigende Produkte, sei es selbst zur Anlaufstelle zu werden, Menschen in ihrem Bemühen zu verantwortlichem Handeln zu unterstützen. Auch, wenn es darum geht, sich für einen gerechten Frieden zu engagieren, sich für Vielfalt und gegen totalitäre Tendenzen einzusetzen. 

Meet and greet

Falls diese Bildergalerie bei Ihnen nicht funktioniert, nutzen Sie bitte den Link in der Seitenspalte. Die Funktion ist abhängig vom benutzten Browser.

Zu all dem braucht es eine Leitung innerhalb der Kirche, die nicht nur bereit ist zu führen, sondern auch ehrliches Feedback erwartet, die zuhört und hinschaut, sich selbst reflektiert und Teilhabe zulässt. Zu einer gerechten  Leitung gehört demütiges Dienen, beispielgebend und berechenbar zu sein. Damit verbunden ist die Bereitschaft, neue Wege auszuprobieren, dabei aber auch kompromissbereit zu sein und sich auf ethische Grundlagen zu stützen.

Es ist ein Abend tiefer Gespräche in vertrauensvoller Atmosphäre, wie die beiden Beobachter*innen der PKK den ersten gemeinsamen Abend bilanzieren.

In der Tagesbilanz stellen Frauke Bürger (VEM) und Enno Strobel (UEPAL) fest, dass Tagungen in Zeiten von Corona schwierig sind. „Viele fehlen, und werden vermisst“ konstatiert Bürgers mit Bedauern „aber es ist gut, dass die die da sind, ganz da sind. Wir sind trotzdem sehr divers und das verspricht gute Resultate.“

Sie hebt hervor, dass der Wunsch nach Frieden bei allen Gesprächspartner*innen überall spürbar und erlebbar war und auch artikuliert wurde.

Der Grundton ist gesetzt und macht Mut für die weiteren Gespräche. 

Montag aus Sicht der externen Beobachter

In der Tagesbilanz stellen Frauke Bürgers (VEM) und Enno Strobel (UEPAL) fest, dass Tagungen in Zeiten von Corona schwierig sind.

„Viele fehlen und werden vermisst“ konstatiert Bürgers mit Bedauern „aber es ist gut, dass die, die da sind, ganz da sind. Wir sind trotzdem sehr divers und das verspricht gute Resultate.“

Sie hebt hervor, dass der Wunsch nach Frieden bei allen Gesprächspartner*innen überall spürbar und erlebbar war und auch artikuliert wurde. Allerdings formulierten auch viele Teilnehmer*innen es alarmierend fanden, dass die Tendenz eher in die andere Richtung weist: Konflikte aller Art werden schärfer und vehementer ausgetragen.

Enno Strobel verweist auf einige Punkte, die ihn am ersten Tag berührt haben:

„Alle Kirchen, die hier anwesend sind , verstehen sich sowohl als  Gebende als auch als Nehmende, ganz egal, ob es arme oder reiche Kirchen sind. Keine Kirche ist so reich, dass sie nicht annehmen könnte. Es muss ein Umdenken erfolgen – ‚Auf Augenhöhe‘  heißt eben auch , dass reiche  Kirchen annehmen können, dass arme Kirchen ihnen genauso helfen  können, wie umgekehrt. Und das bedeutet auch, dass die Kirchen untereinander sowohl gute als auch schlechte Nachrichten teilen,  ein wenig wie ein Eheversprechen – in guten wie in schlechten Zeiten.“ Strobel war erfreut zu hören, dass es auf der PKK konkrete Vereinbarungen geben soll und zwar nicht über das ELM kanalisiert sondern Vereinbarungen innerhalb des Netzwerks, sei es bilateral oder multilateral. „Dabei ist Dialog ein Schlüsselwort. Dialog ist das Mittel der Wahl, das zu Integration führt“ so Strobel.

Und es gab bereits am ersten Tag eine ganz konkrete Idee, von der alle begeistert waren. Rev Odair Braun, Vize- Präsident der IECLB, erzählte davon, dass in Brasilien in seiner Kirche, für jede Taufe ein Baum gepflanzt wird. Getreu dem lutherschen Motto: „Selbst wenn ich wüsste, dass die Welt morgen in Stücke zerfällt, würde ich immer noch ein Apfelbäumchen pflanzen“ wird dort ein Zeichen der Hoffnung gesetzt, das dem Klimawandel und der Abholzung der Wälder etwas entgegensetzt. Eine einfache aber wirkungsvolle Idee, die zur Nachahmung anregt. In der Situation der Taufe, können selbst Menschen, die sonst das Thema Klimawandel eher ignorieren, aktiv Klimaschutz praktizieren und mitgehen, weil in der Taufe Generativität immer mitgedacht wird. 

Ein Schritt, wie Anregungen und Forderungen auf dem Weg in eine gerechte  Kirche der Zukunft umgesetzt werden können und nicht bloß zu einem Papiertiger werden.