Wüstenzeiten und Verheißungen

Bei einer Paneldiskussion vermittelten vier Teilnehmende Einblicke in die Situation ihrer Kirche und was sie trotz aller Herausforderungen in dieser Kirche hält.

Vier Menschen, die in ihrer Kirche leitende Positionen ausüben, haben sich im Vorfeld der PKK Gedanken gemacht über ihren Traum von Kirche, die Realität und darüber, warum sie trotz allem ihrer Kirche die Treue halten und weiter mit und an ihr arbeiten wollen. Dr. Christian Samraj, Bischof der TELC (Indien), Kgosi Nkagiseng Rammekwa, Jugendleiter in der ELCSA (Südafrika), Siegrid Hoeft (Präsidentin der Frauenorganisation OASE / Vale do Itajaí Synode der IECLB, Brasilien) und Marianne Gorka, Regionalbischöfin der Ev-luth. Kirche Hannovers leiteten mit ihren Statements heute die inhaltliche Arbeit der Partnerkirchenkonsultation ein.

Vier Fragen standen dabei im Mittelpunkt. Die erste lautete: Was ist Ihr Traum vom Kirche sein? Bei Marianne Gorka löste diese Frage Erinnerungen an ihre Kindheit aus. Ein Gefühl von Wärme, Geborgenheit, Gemeinschaft und Einigkeit durchzieht diese Erinnerungen an Gottesdienste, an denen ihre ganze Familie – größtenteils musikalisch – mitwirkte. Und auch das Gefühl „Kirche ist für alle da“ gehört zu ihrem Traum.

Von einer Kirche als „Leib Christi“, die die Liebe Gottes widerspiegelt träumt Christian Samraj. Kgosi Nkagiseng Rammekwa formuliert auf die Einstiegsfrage eine klare Vorstellung: „Meine Vision ist, dass die Kirche eine Einrichtung ist, die den Leib der Einheit in all seiner Vielfalt konsequent willkommen heißt, eine Einrichtung, die den einzigartigen Beitrag jedes Mitglieds schätzt und ehrt.

Ich wünsche mir eine Kirche, die Patriarchat und Sexismus in all ihren Formen ablehnt und den Rassismus aus der Gesellschaft als Ganzes ausrottet. Eine Organisation, die gendersensibel ist, in der Raum für sexuelle Vielfalt ist und die konsequent spirituellen Missbrauch und religiöse Traumata bekämpft.“

Die zweite Frage war der aktuellen Situation in den jeweiligen Kirchen gewidmet. Sie lautete: „Wie passt die Realität der Kirche zu Ihrem Traum?“ Die Antworten offenbarten, dass – egal ob eine Kirche wächst (wie die südafrikanische) oder schrumpft (wie die deutsche) niemand uneingeschränktes Lob über „seine“ Institution ausschüttet. Genannt wurden zum Beispiel Korruption in südafrikanischen und sexualisierte Gewalt in deutschen Kirchen. Dagegen hat die Kirche in Indien vor allem mit politischen Repressionen von außen zu kämpfen; für Brasilien schilderte die dortige Vertreterin das Problem der häuslichen Gewalt, mit dem viele Frauen konfrontiert sind. „Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine Verletzung der Menschenrechte, und die Kirche sollte Teil der Lösung sein, nicht des Problems“, so Siegrid Hoeft.

„Warum sind Sie noch Mitglied der Kirche?“, lautete Frage Nummer drei. „Es ist ein Ruf des Herrn, und Gott hat mir eine Vollmacht gegeben, die ich erfüllen soll“, antwortet Dr. Christian Samraj. „Wachsen ist für uns doch zuallererst eine geistliche Kategorie. Im Glauben zu wachsen und mündig zu werden, ist das Ziel“, betont Marianne Gorka in Anbetracht der zahllosen Austritte aus christlichen Kirchen in Deutschland. Sie erinnert daran, dass Jesus seine Jünger von Haus zu Haus geschickt habe. „Gemeinde, das ist immer eine Sammlung auf dem Weg“, ist sie überzeugt. Die meisten Argumente für sein Bleiben in der Kirche zählt Kgosi Nkagiseng Rammekwa auf: „Glaube, Überzeugung, Gemeinschaft, Tradition, Moral, Ethik und geistige Entwicklung“. Zudem erinnert er daran, was die evangelisch-lutherische Kirche ausmacht: „Luther betonte, dass die wahre Kirche keine physische Institution ist, sondern eine Gemeinschaft von Gläubigen, die im Glauben vereint sind. Er argumentierte, dass die Kirche aus denen besteht, die wirklich an Christus glauben und versuchen, seinen Lehren zu folgen.“ Luther habe auch geglaubt, dass „die Bibel die einzige Autorität für den christlichen Glauben und die christliche Praxis ist, und nicht kirchliche Traditionen oder kirchliche Autorität.“

Mit Frage Nummer vier knüpften die vier Protagonist*innen der Panel-Diskussion wieder an den ersten Punkt an: Ihrem Traum bzw. ihrer Vision von Kirche. Die vierte Frage lautete: „Wenn ein Zauberer Ihnen drei Wünsche in Bezug auf die Kirche erfüllen würde, wie würden diese lauten?“ Christ*innen wären aber keine Christ*innen, wenn es sie nicht positiv herausfordern würde, Schwierigkeiten anzunehmen und Wege aus der Krise zu suchen. „Biblisch führt jede Wüstenzeit in eine neue Verheißung“, sagte Marianne Gorka an dieser Stelle, bevor auch die anderen Teilnehmenden Gelegenheit bekamen, über „ihre Wüstenzeiten“ und „Verheißungen“ zu sprechen.

Splashscreen