Eindrücke von Deutschland

Mpho aus Südafrika hat sich in die Stadt Hannover verliebt, Jessica aus Argentinien die Erkenntnis gewonnen, dass es nicht so einfach ist, in Celle außerhalb des Arbeitsplatzes Menschen kennen zu lernen.

Der Brasilianer Tiago wird wohl noch eine Weile in Gedanken an das deutsche Winterwetter frösteln und David aus Indien möchte bald in seiner Heimat die kreativen Ideen in der Jugendarbeit umsetzen, die er in Deutschland kennengelernt hat. Alle vier sind Teilnehmer*innen des Süd-Nord-Freiwilligendienstes, den das Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen (ELM) seit vielen Jahren jungen Menschen aus dem Umfeld seiner Partnerkirchen anbietet. Im Januar sind alle 14 Süd-Nord-Freiwilligen im Ludwig-Harms-Haus zum Abschluss-Seminar zusammen gekommen. Hier reflektierten sie das Jahr, in dem sie in verschiedenen kirchlichen Einrichtungen mitgearbeitet haben.

Sie habe schon ein wenig Angst gehabt vor der Aufgabe, mit Menschen mit Behinderung zu arbeiten, berichtet Jessica Agorio, die in Buenos Aires studiert. Durch Beobachten und Fragen habe sie dann aber den Zugang gefunden zu den Menschen, die bei Lobetal betreut werden. Ihre Freizeit hat sie genutzt, um – mit dem 9 Euro-Ticket - ganz Deutschland, aber auch andere europäische Länder kennen zu lernen. Die unterschiedlichen Landschaften, Gebäude und Dialekte zwischen Nord, Süd, West und Ost haben sie beeindruckt. Insgesamt sei ihr Deutschland vorgekommen „wie ein großes Dorf“. „Ich habe es mir moderner, schneller, turbulenter vorgestellt“, sagt sie.

Mpho Hlongwa ist bereits zum zweiten Mal in Deutschland. Sie hat ihren Freiwilligendienst beim ev. Stadtjugenddienst in Hannover absolviert. Jugendfreizeiten planen und durchführen, Arbeiten rund um die Jugendleitercard oder auch Konferenzen vorbereiten – das alles habe ihr viel Spaß gemacht. In Südafrika hat sie Politikwissenschaften und internationale Beziehungen studiert. Ein Masterstudium in Deutschland, vielleicht Journalismus - das ist ihr Zukunftswunsch.

Dagegen sieht David Inbaraj seine Zukunft in Indien. Er hat das vergangene Jahr im Begegnungsort und Kunstpark „Himmelsfels“ in Hessen verbracht und Kinder und Jugendliche in kreativen Workshops angeleitet. Musik und Tanz, Mosaike gestalten und Fußball spielen gehörte zu seinen täglichen Betätigungen. Wenn er im Februar zurückkehrt nach Coimbatore möchte er all die Inspirationen, die er bekommen hat, in seiner Gemeinde der Tamil Evangelical Church (TELC) umsetzen.

Aus der Region Porto Alegre stammt der 24-jährige Tiago Maier Labes. Wie die meisten der Freiwilligen, war auch er in seiner ev.-luth. Heimatgemeinde aktiv und hat so von der Möglichkeit des Freiwilligendienstes erfahren. Er hat in der Woltersburger Mühle bei Uelzen gearbeitet. Die Einrichtung, zu der eine Jugendwerkstatt, ein „Zentrum für biblisch-politische Bildung“ und ein „Aktionszentrum Nachhaltigkeit“ gehören, bietet auch Unterstützung für Geflüchtete und arbeitslose Menschen. Besonders beeindruckt hat Tiago die Begegnung mit einem Syrer . „Er hat mir gesagt, er vermisst seine Heimat, aber er ist auch froh, hier zu sein und nicht jeden Tag Bomben zu hören. Das hat mich schockiert“. Ob er selbst nach seiner Rückkehr wieder in seinem alten Beruf in einer Medien-Agentur arbeiten kann, weiß der Brasilianer derzeit nicht. „Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit“, berichtet er.

Im Mittelpunkt der Seminar-Woche im Ludwig Harms Haus stand die Reflektion über das Jahr, aber auch der Austausch mit den anderen Freiwilligen – gekrönt von einer bunten die Abschlussparty. IN den kommenden Tagen geht es in alle Himmelsrichtungen wieder in die Heimatländer zurück. Die nächste „Generation“ Freiwilliger steht in den Startlöchern. Zum „Gesamtpaket“ des ELM gehören übrigens auch die deutschen „Nord-Süd-Freiwilligen“, die ein Jahr im Ausland in sozialen oder kirchlichen Einrichtungen arbeiten.

Einsatzstellen gesucht

Für 2024 sucht das Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen wieder Einsatzstellen für die Süd-Nord-Freiwilligen. Kirchliche oder soziale Einrichtungen, die einen Platz anbieten möchten, können sich beim ELM an Katharina Rausch wenden: k.rausch@elm-mission.net oder Tel. 05052/69-255. Das ELM finanziert unter anderem Visum, Flüge, Sozialversicherung, Deutschkurse im Heimatland und das pädagogische Begleitprogramm. Die Einsatzstellen bieten Unterkunft und Verpflegung sowie Begleitung bei den Fragen des Alltags vor Ort.