Der Eisbär in den Wüsten Afrikas, ...

... so betitelte der Hauptreferent seinen Vortrag in einem ELMinar am 05. Mai zum wachsenden Einfluss Russlands auf Länder des afrikanischen Kontinents am Beispiel der Zentralafrikanischen Republik.

In einem Ausschnitt aus einem Arte-Beitrag mit dem Titel „Putin – Die Rückkehr des russischen Bären“ wurde sehr deutlich, welche Interessen Russland in einem Land wie der Zentralafrikanischen Republik verfolgen könnte.

Bereits seit 2019 wurde öffentlich erkennbar, dass der Kreml seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu zahlreichen afrikanischen Ländern intensivieren wollte. Zu diesem Zeitpunkt richtete Putin ein russisch-afrikanisches Gipfeltreffen aus, an dem 43 afrikanische Staats- und Regierungschefs teilnahmen. Unter anderem der Präsident der Zentralafrikanischen Republik Faustin-Archange Touadéra.

Was will Moskau ausgerechnet mit Zentralafrika einem der ärmsten Länder der Welt, das seit der Unabhängigkeit immer wieder in bewaffnete Konflikte und Bürgerkriege verwickelt ist und seit Jahrzehnten in ethnischen und interkommunalen Konflikten steckt?

Das Land hat neben ökonomisch bedeutsamen Ressourcen wie Gold und Diamanten gleichzeitig strategisch bedeutsame Ressourcen wie Uran. Bereits heute werden Gold- und Diamantvorkommen von russischen Firmen kontrolliert. Noch wichtiger erscheint allerdings der geopolitische Aspekt. Um die politische Einflusssphäre zu erweitern, gibt es mehrere Handlungsstränge, zum einen gibt es mediale (vorrangig (spiel)-filmische) Versuche, die Einflussnahme Russlands auf Zentralafrika als brüderliche Hilfe zu verschleiern, die das Leben in Zentralafrika sicherer mache. So beschützt zum Beispiel der starke (russische) Eisbär im Kinderfilm die anderen Tiere vor Hyänen, die sie bedrohen und vernichten wollen. Russland inszeniert sich so sowohl als Freund und Helfer als auch als Beschützer.

Zu dieser medialen Einflussnahme passt, dass Russland 2017 erstmals Waffen in die Zentralalfrikanische Republik lieferte. Seither hat Moskau seine Präsenz immer weiter ausgeweitet: russische Militärberater wurden nach Bangui entsandt, offiziell um lokale Streitkräfte zu entsenden.

Parallel dazu trafen Angehörige der Wagner-Gruppe in der ZAR ein. Diese private Sicherheitsfirma des Putin-nahen Geschäftsmannes Jewgeni Prigoschin wird häufig in den Medien als Söldner-Truppe Russlands bezeichnet. Das System besteht allerdings gerade darin, dass es keine nachweisbaren Beziehungen dieser Gruppierung zum Kreml gibt. Der Hauptreferent des Abends von der Universität Lüneburg bezeichnet sie deshalb in seinem Vortrag lieber als trojanisches Pferd Russlands. Sein Fazit in Bezug auf die Wagner-Gruppe ist:

„Das Einladen privater Militärunternehmen zu einem Konflikt ist kein neues Phänomen. Eine ähnliche Operation wurde von der Operation Pallsier im Bürgerkrieg in Sierra Leone durchgeführt. Die Wagner-Gruppe und ihre Aktivitäten sind so konzipiert, dass niemand sie aufspüren, identifizieren und verklagen kann. Die Wagner- Gruppe verfolgt weder den Frieden und die Sicherheit des Staates noch die Interessen von Touadéra, sondern verfolgt die Interessen Russlands. Es kann einfach als Trojanisches Pferd der russischen Außenpolitik bezeichnet werden, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, wo Russland vom Westen beschattet wurde. Russland ist bestrebt, Kapital aus vom Krieg zerissener afrikanischer Staaten zu schlagen, um über ihre Ressourcen zu verfügen.“

Der Wagner-Gruppe werden in Zentralafrika schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat nach eigenen Angaben "überzeugende Beweise" dafür, dass russische Söldner in der Zentralafrikanischen Republik Zivilisten getötet und weitere schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. In einem neuen Bericht wirft Human Rights Watch den Kämpfern unter anderem außergerichtliche Tötungen und Folter vor.

Trotzdem ist zu befürchten, dass die russische Propaganda zumindest in Teilen der zentralafrikanischen Bevölkerung verfängt, es gibt bereits jetzt pro-russische Demonstrationen für den Einmarsch in die Ukraine.

Da politische Lösungen laut Ansicht des Hauptreferenten schwer erreichbar seien, könne die Kirche eine starke Rolle spielen bei der Entpolitisierung der Gesellschaft und Vermeidung interkommunaler Konflikte durch kontinuierliche Dialogangebote.