Allein mit Kind in Äthiopien
Ein ELMinar-Bericht über die Situation alleinerziehender Mütter und ein Projekt, um sie zu stärken
Alleinerziehende Mutterschaft ist ein wachsendes globales Phänomen, birgt ein hohes Armutsrisiko für Mütter und Kinder und stellt für sie meist eine existenzielle Herausforderung dar. Darauf machte ein ELMinar unter der Leitung von Gabriele De Bona, ELM-Referentin Gender International, an einem Beispiel aus der Stadt Burayu, etwa 15 Kilometer westlich von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, aufmerksam.
Es ist trauriger Alltag, von dem Ebise Ashana, Genderbeauftragte der Lutherischen Mekane Yesus-Kirche in Äthiopien (EECMY), erzählt: Junge Frauen aus den ländlichen Gebieten zieht es auf der Suche nach Einkommensmöglichkeiten in die Stadt, die meist in der Sackgasse endet. Viele von ihnen verdingen sich als Tagelöhnerinnen auf Baustellen oder als Hausangestellte und stehen in der Gefahr, auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz Opfer von sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung oder häuslicher Gewalt zu werden. Nicht selten werden sie in der Folge ungewollt schwanger und landen als alleinerziehende Mütter in bitterer Armut. Das habe vielfach Folgen, so Ebise Ashana in ihrer Präsentation während eines Online-Seminars unter dem Titel „Allein mit Kind in Äthiopien“, dem rund 30 Interessierte Teilnehmer*innen folgten.
Alleinerziehende Mütter, die wenig Schul- und Berufsausbildung besitzen, würden gesellschaftlich an den Rand gedrängt, sozial stigmatisiert, von ihren Verwandten und sogar den religiösen Gemeinschaften, denen sie angehören, ausgestoßen. Hinzu komme, dass sie aus Angst vor Gewalt die Väter ihrer Kinder nicht zur Rechenschaft ziehen könnten. Dabei kennen sie in der Regel nicht ihre verfassungsmäßigen Rechte und wissen nicht, was ihnen an staatlicher Unterstützung zusteht. Dabei sei es wichtig, dass sie den Weg zum Gericht fänden, betonte Ebise Ashana.
Ebise Ashana zeichnete in ihrem Vortrag ein düsteres Bild von den Zukunftsaussichten dieser Frauen, zeigte aber auch Lösungswege auf, wie Unterstützungssysteme aufgebaut werden können, um sie rechtlich, sozial und auch mental zu stärken.
Hierzu hat die Entwicklungskommission der EECMY, DASSC, ein Projekt aufgelegt, welches auch das ELM unterstützt. Es umfasst die Unterstützung von alleinerziehenden Müttern geführten Haushalten im Gebiet von Burayu Woreda. Sie erhalten ein Grundlagentraining und ein Startkapital für einkommensschaffende Maßnahmen, Schulmaterialien, psychosoziale Unterstützung und als Opfer von Gewalt und Belästigung rechtliche Beratung – z. B. zum Durchsetzen von Unterhaltsforderungen – und die Kenntnis über die wichtigsten Institutionen für Rechtsdienstleistungen. Darüber hinaus sollen aber auch Schulungen für Leitungspersonen der kommunalen Einrichtungen und religiösen Gemeinschaften zu Frauen- und Kinderrechten durchgeführt werden. Und das Projekt sieht Schulungen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit vor.
Die EECMY-DASSC hat bereits in verschiedenen Teilen des Landes Projekte zur allgemeinen Stärkung der Frauen durchgeführt. Mit diesem Projekt nimmt sie nun erstmalig gezielt auch die Situation von alleinstehenden Müttern und ihren Kindern in den Blick, um ihre Lebensumstände und ihr Wohlergehen zu verbessern.
„Natürlich geht es um die Verbesserung der Lebensverhältnisse und die Akzeptanz der Frauen in der Gesellschaft, aber auch um das Wohlergehen ihrer Kinder und ihnen als Familie eine Zukunftsperspektive zu geben“
Unter den Teilnehmer*innen des international besetzten Forums, von denen einige selbst in der Partnerschafts- und Entwicklungszusammenarbeit arbeiten bzw. engagiert sind, führte das ELMinar zu einem angeregten Austausch. Wieder einmal hat das ELM mit diesem Online-Format gezeigt, wie es Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, kirchlichen Prägungen und kulturellen Hintergründen zusammenbringen kann, um sich über Themen von globaler Dimension auszutauschen – sei es die Situation alleinerziehender Mütter, die Realität tabuisierter häuslicher Gewalt, Kirche in Pandemiezeiten oder die Bewahrung der Schöpfung durch die Umsetzung von Klimaschutzzielen.