ZAR: Gebet für eine Kirche im Zentrum des Terrors

An einem adventlichen Freitag im Dezember 2021 erzählte unsere Referentin für die Zentralafrikanische Republik, dass sie nach der Mittagspause eine Email des Kirchenpräsidenten aus der Zentralafrikanischen Republik im Posteingang fand.

Mit wenigen Worten beschrieb er nüchtern die Fakten: 26 Gläubige einer Kirchengemeinde wurden in den vergangenen Tagen getötet. Zwei Nächte nach dem ersten Angriff kamen sie wieder – und wieder gab es Tote. In dem Dorf lebten hauptsächlich Binnengeflüchtete. Das erinnerte sie an die Tage vor dem Weihnachtsfest 2020. Der Weihnachtsgruß mit guten Wünschen für Frieden und schöne Weihnachten war gerade erst verschickt worden, als die Nachricht kam, dass Rebellen diesmal auch den Sitz der Kirche angegriffen hatten. Menschen wurden getötet, vergewaltigt, vertrieben – und Weihnachten waren Tage voller Angst, ohne Nahrung und Infrastruktur in den umliegenden Wäldern.  
Wenn Länder der ELM-Partnerkirchen in einem Kriegszustand sind, dann sind Meldungen dieser Art zu erwarten. Aber wenn sie eintreffen, dann sind diese Informationen weit mehr als nur „Meldungen aus einem Projekt“. Menschen aus unseren Partnerkirchen sind betroffen. Menschen, die zum Teil persönlich bekannt sind. Die Erholung einer Mittagspause ist bei unserer Referentin schlagartig weg und über das kommende „schöne Wochenende“ hat sich eine dunkle Wolke gelegt. Informationen dieser Art sind kein einfaches Dienstereignis, sondern menschliche Dramen, die auch unsere Referent*innen angreifen.
Zum Hintergrund der immer noch schwelenden Kriegshandlungen in der Zentralafrikanischen Republik
Die politischen Wahlen im Jahresübergang 2020/2021 haben landesweit Gewalt und Terror mit sich gebracht. Der (christliche) Präsident Faustin-Archange Touadera wurde schlussendlich als wiedergewählt erklärt. Aber die Unruhen sind geblieben. Dies alles führt zu großen Bewegungen Geflüchteter, sowohl im Binnenland, wie auch in die benachbarten Länder Sudan, Kamerun, DR Kongo und Kongo.
Die Evangelisch-lutherische Kirche der ZAR (EELRCA) ist zusätzlich zur Kriegssituation in einer massiven Krise. Seit 2019 hat fast kein internationaler Partner der Kirche Projektgelder überwiesen, da die Verwendung der Fördergelder für Partner nicht nachvollziehbar war. Das galt auch für das ELM. Die Gelder sind deshalb vorerst eingefroren.  
Das Binnenland im Herzen des afrikanischen Kontinents ist trotz eines Reichtums an Rohstoffen seit Jahrzehnten eines der ärmsten Länder der Welt. Im Human Development Index liegt die ZAR seit Jahren meistens auf dem letzten Platz von 188 Ländern. Es gibt mehr als 80 ethnische Gruppen, die jeweils eine eigene Sprache haben. Durch das seit Jahren zusammengebrochene Schulsystem gehen außerdem sowohl die praktische Anwendung der Amtssprache Französisch als auch die Verkehrssprache (Lingua Franca) Sango immer stärker verloren. Die Verständigung der Menschen untereinander wird also auch sprachlich immer schwieriger.
Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 hat die ZAR nur kurze gewaltfreie Zeiten erlebt. Seit 2013 ist die ZAR in der Krise, die bis heute andauert. In den Medien wird die Gewalt oft religiösen Rebellengruppen zugeordnet. Diese Linien haben sich jedoch in den letzten Jahren zunehmend verwischt und es haben sich neue, gemischte Splittergruppen gebildet. Auf einer tieferen Ebene geht es bei den Spannungen um Zugang zu den Ressourcen des Landes und politische Macht.