Eine Gemeinschaftsaktion für das Leben

Eine solche Dürre hatten die Menschen im brasilianischen Bundesstaat Espírito Santo vorher noch nie erlebt. Zwischen 2014 und 2017 befanden sich mehrere Gebiete dort im Prozess der Wüstenbildung. Hinzu kam die verheerende Umweltkatastrophe vom 5. November 2015, die durch den Bruch zweier Dämme einer Erzmine den Rio Doce in eine giftige Schlammlawine verwandelte. Der Fluss mündet auf dem Gebiet von Espírito Santo in den Atlantik. Diese Bilder gingen um die Welt. Die Menschen in den Dörfern und Städten am Rio Doce hatten sie auch am 3. September 2016 noch vor Augen, als sich die Mitglieder der Ev. luth. Synode von Espírito Santo in Belém versammelten.

"Luft, Wasser und Nahrung sind lebensnotwendig. Diese Elemente stammen aus der Natur und sind nicht unendlich", heißt es in der Botschaft der Synodenversammlung, die an diesem Tag weitreichende Beschlüsse fasste. "Es ist notwendig, unseren Umgang mit der Natur zu ändern, und zwar nicht nur, indem wir sie pflegen oder einen Baum pflanzen, sondern indem wir unsere Gedanken und unsere Einstellung zu ihr im Allgemeinen ändern. Die Rolle der Kirchen ist bei diesem Wandel von grundlegender Bedeutung." Mit diesem Statement war der Weg umrissen, den die evangelische Kirche in Brasilien IECLB bis heute verfolgt. Und zwar unabhängig von den Zielen, die der Staat als vorrangig ansieht, wie der Referent für Lateinamerika beim Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen, Kurt Herrera, betont. "In den vergangenen Jahren lag die Priorität des Staates auf wirtschaftlichen Interessen. Umwelt stand hintenan", so Herrera.

Die Synode von Belém hat gleich ein ganzes Bündel von Umweltmaßnahmen proklamiert: Pflanzung von Bäumen bis hin zu großflächigen Wiederaufforstungsprojekten, Entgiftung von Böden und Gewässern, Wiederherstellung der Autonomie des traditionellen Saatguts, Aufbau von Gemeinschaftsgärtnereien, Schulung von Gemeinden zu Umweltthemen, rationellere Nutzung von Wasser und Strategien zur Wasserspeicherung sind nur einige Beispiele.

Wasser und Wald sind zwei Naturelemente, die in Brasilien im Übermaß vorhanden und gleichermaßen umfassend gefährdet sind. 13.000 Quadratkilometer Regenwald wurden laut Medienberichten allein zwischen August 2020 und Juli 2021 vernichtet (1). Der 853 Kilometer lange Rio Doce wurde durch die Umweltkatastrophe im November 2015 auf einer Länge von 650 Kilometern ökologisch zerstört. Wasser und Bäume haben in der brasilianischen Ev. Kirche seit 2016 aber auch noch eine weitere Verbindung bekommen. Für jedes getaufte Mitglied, so das Ziel der Synode, sollten mindestens zwei Bäume gepflanzt werden: 120.000 Bäume – ob diese Zahl erreicht werden kann, war zum damaligen Zeitpunkt offen.

Aber dann schwappte eine Welle durch die Region. Nicht nur Gemeinden, sondern auch viele kirchliche Frauen- und Jugendgruppen initiierten Baumpflanzaktionen. Obstbäume wie Orangen, Cajá-Bäume, Guaven oder Mandarinen wurden in kleinen und größeren Aktionen gekauft, gepflanzt und gepflegt, ebenso viele weitere einheimische Arten. "Alle Gemeinden, Institutionen und Arbeitsgruppen der Synode beteiligten sich an dieser Aktion. Die Momente des Nachdenkens und die durchgeführten Aktionen waren unzählig. Die Zahl der gepflanzten Setzlinge übertraf den Vorschlag von zwei Bäumen pro getaufte Person. Es war eine schöne Gemeinschaftsaktion für das Leben", zieht die Synode Bilanz.

Übersetzung des Quellentextes aus Brasilien: Marina Gruel-Dovner

(1) ZDF, 19.11.2021

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