Angedacht Das Reich Gottes und die „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“

Es war bei der Weiterbildung „Klimawandel-Wandelklima“ von Brot für die Welt, als ich zum ersten Mal von Joanna Macy hörte. Sie ist eine überaus erfahrene, amerikanische Umweltphilosophin und Aktivistin. Und ich habe durch ihre „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“ verstanden, wieso es so wichtig ist, dass Menschen sich unbedingt auch emotional auf das Thema „Klimanotfall“ und damit auf eine zukunftsfähige Haltung von „Globaler Nachhaltigkeit“ einlassen.

Die spirituelle Dimension von Nachhaltigkeit

Die Berichte und Bilder von den weltweiten Notfällen der Ackerböden und Ozeane, dem Artensterben und Wetterextremen lassen einen nicht unberührt, sondern machen sehr traurig. So traurig, dass ich es kaum zulassen mag, diesen Gefühlsraum bei mir zu betreten. Und das fehlt mir dann in der „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“. Ich trauere nicht und komme deshalb auch nicht weiter, innerlich wie äußerlich. Joanna Macy betont deshalb die spirituelle Dimension von nachhaltigem Denken und Handeln. Sie vergleicht den Vorgang der Transformation, also der weltweit notwendigen Umgestaltung von Menschen in ihrer Haltung hin zu einer nachhaltigen Lebensweise mit dem Bild vom Wachsen und Ausbreiten der Pusteblume. Die Zeichnung dazu hat ihr mal eine dankbare „Schülerin“ gezeichnet und wir dürfen sie dankenswerterweise hier abdrucken. Die „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“ geht davon aus, dass alles auf Erden, also die gesamte Schöpfung miteinander in Verbindung steht. Das würde auch der Apostel Paulus so unterschreiben, sagt er doch in seinem Brief an die Römer eben dies: „Denn von ihm (Gott) und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.“ (Rö 11,36) Nun, Joanna Macy ist von Hause aus Buddhistin und empfindet die Verbindung zwischen sich und allen Dingen und Geschöpfen ohne Gottes Zutun, doch der Kern ist derselbe: Alles steht miteinander in Beziehung! Wir sind Teil eines großen Ganzen. Das ist zum Staunen und dankbar werden! So beginnt die „Spirale der Arbeit, die alles verbindet“ mit dem ersten Schritt, der Dankbarkeit. Ich nehme das Geschenk des Lebens inmitten der anderen Beschenkten für mich dankbar an. Joanna Macy beschreibt es auch als „ehren, was gerade ist“. Dankbarkeit gibt Kraft!

Geistlicher Übungsweg mit großer Wirkung

Der zweite Schritt führt mich weiter: Wenn Gott alles in allem ist (1. Kor 15,28), dann gilt es das wahrzunehmen, zu spüren, mitfühlend auch bereit zu sein, mitzuleiden. Dieser „Klimanotfall“ unserer Tage hat schließlich Ausmaße angenommen, die mich nicht unberührt lassen. Das macht mich traurig und ich lasse das bewusst zu, teile es sogar mit anderen und spüre so, dass es auch meinen Mitmenschen schmerzhaft bewusst ist. Ja, auch diese Trauer um die fatale Entwicklung der unmäßigen Ausbeutung der Erde muss Raum haben unter uns – das „Seufzen der Schöpfung“ (Rö 8,22) wird so auch in meinem Herzen wahr und ernst genommen – in seiner Schwere gewürdigt. Macy beschreibt diesen Schritt als „den Schmerz ehren“ und mit der Welt teilen. Erst danach bin ich reif für den dritten Schritt: Die Welt mit neuen Augen sehen, meine Perspektive hat sich verändert, ich bin ein Teil vom großen Ganzen und das bedeutet mir und meiner Umwelt etwas. Dafür will ich mich für einsetzen, werde frei, anders zu handeln, so wie ich es für mich und meine Umgebung neu erkannt habe. Nun kommt es zu dem Schritt, der nach Außen tritt: Im vierten Schritt komme ich ins Handeln, gehe weiter mit einer veränderten Haltung, will meinen Teil tun, um der Welt auch durch mich eine Zukunft zu geben. Es fängt schließlich immer hier bei mir an, mit meiner Familie, in meinem Garten, mit meinen Nachbarn, in meiner Gemeinde, mit meinen Kolleg*innen usw. – das ist die „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“! Es ist ein geistlicher Übungsweg mit großer Wirkung – Jesus sagt es so: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ (Mt 6,33) Unsere Zukunft liegt in Gottes Hand. Da sind wir endlich wieder

Teil vom großen Ganzen und auf diesem Wieder-verbunden-Sein ruht Gottes Segen. Wenn ich die „Spirale der Arbeit, die wieder verbindet“ so betrachte, dann stärkt sie meine Zuversicht, dass wir gemeinsam alles noch zum Guten wenden werden, und wir mit Gottes Hilfe uns notwendige Grenzen selbst setzen und sie nur zu gern einhalten wollen.

Waldemar Rausch, Pastor und Referent Globale Nachhaltigkeit/ Ökumenische Zusammenarbeit Russische Föderation beim ELM

1 Vgl.: https://workthatreconnects.org/spiral/ 2 In der Umwelt-Psychologie wird der Begriff vom „Klimanotfall“ bevorzugt verwendet, weil er präziser den Zusammenhang zwischen der bedrohlichen Veränderung des Klimas und dem akuten Handlungsbedarf benennt

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